Waldbaden: die heilende Kraft des Waldes entdecken

An einem Thema kommt man bei meiner Arbeit nicht vorbei: Waldbaden. Viele meiner BAREFOOT Yoga Mitglieder bieten Waldbaden im Aktivprogramm oder ganze Seminare und Workshops dazu an. Yoga und Waldbaden gehören zusammen. Waldbaden scheint eine gute Möglichkeit zu sein, Stress abzubauen, zur Ruhe zu kommen und die Gesundheit zu stärken.

Autor: BAREFOOT Geschäftsführerin, Julia Baumann

Doch was genau verbirgt sich hinter diesem Begriff und wie können wir die heilende Kraft des Waldes für uns nutzen? Während meines Aufenthaltes im BAREFOOT Mitglied Hotel Retter bin ich auf Ulli Felber gestoßen. Sie hat am Konzept des neuen Wald.SEIN Spa im Hotel mitgearbeitet und bietet dort auch Seminare an. Sofort habe ich mir ihr Übungsbuch zum Waldbaden bestellt und war beeindruckt von ihrer professionellen und fundierten Herangehensweise und ihrer Zusammenarbeit mit der renommierten Berliner Charité. In diesem exklusiven Interview spreche ich mit der Waldbaden-Expertin über ihre Erfahrungen, die Wissenschaft hinter der Praxis und praktische Tipps, wie wir den Wald als Quelle der Regeneration nutzen können. Tauche ein in die Welt des Waldbadens und erfahre, wie du durch die heilende Stille des Waldes zu innerer Balance und Wohlbefinden gelangst.

Herzlich willkommen zu unserem heutigen Interview über das Waldbaden. Wie bist du zum Waldbaden gekommen?

Ich bin am Waldrand aufgewachsen, also war der Wald schon immer ein wichtiger Teil meines Lebens. Als ich dann nach Salzburg zum Studium ging und später in der stressigen Arbeitswelt der Werbebranche landete, merkte ich, wie gut mir der Wald tat und wie sehr er mir half, mich zu entspannen. Letztendlich habe ich sogar meine Arbeit aufgegeben und eine Ausbildung zur Burn-Out Prophylaxe Trainerin absolviert. Dabei habe ich entdeckt, wie effektiv das Waldbaden als Stressbewältigungsmethode ist.

Wie kam es dazu, dass du dich intensiv mit der Forschung zum Waldbaden beschäftigt hast?

Mein Mann, der einen naturwissenschaftlichen Hintergrund hat, hat meine Arbeit zunächst belächelt. Das hat mich angespornt meine Methoden auf Basis wichtiger Forschungsergebnisse zu entwickeln.

In deiner Methode hast du die Waldkraft-Triade entwickelt? Was genau versteht man darunter?

Die Waldkraft-Triade besteht aus drei Hauptbereichen: dem Immunsystem, der Stressreduktion und der mentalen Gesundheit. Unter Immunsystem fallen unter anderem Atemübungen und Meditation, Stressreduktion beinhaltet Achtsamkeit und Sinnesübungen, während unter mentaler Gesundheit Naturrituale und Kreativität fallen.

Was macht man beim Waldbaden?

Das Waldbaden ist mehr als ein Spaziergang im Wald. Man geht mit einer Intuition in den Wald und praktiziert einfache Übungen, um die heilende Wirkung zu erfahren. Forschungen zeigen, dass beispielsweise Atemübungen im Wald wesentlich stärkere Effekte haben als im geschlossenen Raum.

Welche positiven Effekte hat das Waldbaden?

Die positiven Effekte des Waldbadens sind vielfältig. Es kann das Immunsystem stärken, entspannend wirken, die Schlafqualität verbessern, die Konzentrationsfähigkeit erhöhen und sogar Depressionen positiv beeinflussen.

Wie lange sollte man Waldbaden, um diese positiven Effekte zu spüren?

Ist Stressbewältigung das Hauptmotiv haben Studien gezeigt, dass kurze Aufenthalte von 20 bis 30 Minuten im Wald oder auch Park und dafür auch häufigere Aufenthalte, also mehrmals wöchentlich positive Effekte haben können. Für eine Stärkung des Immunsystems empfiehlt es sich jedoch, 2 bis 3 Stunden im Wald zu verbringen, idealerweise 2 bis 3 Mal im Monat. Die positive Wirkung der Terpene* auf das Immunsystem hält ab einem Aufenthalt von zwei Stunden für rund 2 Wochen an.

 

Für wen ist das Waldbaden geeignet?

Das Waldbaden ist für jeden geeignet, vom Baby mit Schlafproblemen bis zu Senioren. Auch in der Ergotherapie oder Psychotherapie wird das Waldbaden erfolgreich eingesetzt. Die alleinige Berührung von Waldmaterialien wie beispielsweise Zapfen können positive Erinnerungen an den Wald auslösen.

Welcher Wald ist am besten für das Waldbaden geeignet?

Grundsätzlich ist jeder Wald geeignet, solange man sich dort wohlfühlt, denn nur wenn man sich wohlfühlt kommt das Immunsystem in Gang. Nadelwälder stoßen zwar mehr Terpene aus,  aber auch Laubwälder haben positive Effekte. Wichtig ist vor allem, dass man eine Verbindung zum Wald herstellen kann und dass es im Alltag praktikabel ist. In den riesigen Ballungszentren ist der Bezug zum Wald verloren gegangen. Die Sozialisation trug zudem zur Mystifizierung der Wälder bei, das auch zu einer Angstbehaftung bei manchen, wenn auch wenigen, Menschen führte.

Wie gestaltet sich deine Zusammenarbeit mit der Charité?

Wir untersuchen unter anderem die Auswirkungen des Waldbadens auf verschiedene Gesundheitsprobleme und führen Langzeitstudien durch. Ich durfte das Forschungskonzept mitgestalten. Zudem habe ich die Ärzte im Waldbaden ausgebildet. Die Studien laufen über mehrere Jahre. Es gibt verschiedene Probandengruppen wie beispielsweise jene mit cardio-vaskulären Erkrankungen oder Stadtbewohnern. Zudem arbeiten wir an einer Ausbildung für medizinisches Fachpersonal.

Wie kann man sich das Waldbaden im Jahreszeitenkreis vorstellen?

Die heilenden Terpene sind im Winter kaum vorhanden. Diesen Aspekt hat man nicht. Beim Waldbaden im Winter ist man aktiver unterwegs. Eine Übung für den Winter könnte sein, bewusst zu entdecken, welche Farben im Wald dennoch da sind. Der Fokus darauf kann schon einen entspannenden Effekt haben. Doch egal ob Frühling, Sommer, Herbst oder Winter der Wald hat zu jeder Jahreszeit seinen Reiz . Eine meiner Lieblingsübungen ist einfach sich am Wald am Boden zu legen. Ich habe bei meinen Teilnehmern unfassbar große Wirkung alleine durch diese simple Übung beobachten dürfen.

Du hast ein Übungshandbuch zum Waldbaden erstellt. Wie bist du auf diese einzelnen Übungen gekommen? Woher bzw. aus welchen Bereichen stammen die Übungen?

Die einzelnen Übungen sind ein Sammelsurium aus der Burn-Out Prophylaxe, Waldpädagogik und anderen Bereichen. Es sind einfache Techniken, die sich in meinen Seminaren als besonders nützlich erwiesen haben.

Du hast ein Institut für Waldbaden gegründet. Wie läuft die Ausbildung zum Waldbadentrainer ab?

Die Ausbildung zum Waldbadentrainer dauert zwei Wochenenden und umfasst insgesamt 96 Unterrichtseinheiten. Im ersten Modul steht die Selbsterfahrung im Zentrum, während im zweiten Modul das Entwickeln eigener Übungen und das Anleiten von Gruppen im Fokus stehen. Die Ausbildung wird von Menschen aus verschiedenen Berufen und Altersgruppen besucht und schließt mit einem Zertifikat ab.

Was liegt derzeit im Fokus deiner Arbeit?

Derzeit konzentriere ich mich auf die Ausbildung von Waldbadetrainern, die Durchführung von Workshops, individuellen Anfragen sowie Anfragen von Firmen im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsvorsorge.

 

* Anmerkung zu Terpenen: Terpene sind eine große und vielfältige Gruppe von organischen Verbindungen, die in einer Vielzahl von Pflanzen, einschließlich Bäumen, Blumen und Kräutern, vorkommen. Sie sind für den charakteristischen Duft und Geschmack vieler Pflanzen verantwortlich und spielen eine wichtige Rolle in der Natur, sowohl als Abwehrstoffe gegen Fressfeinde als auch als Lockstoffe für Bestäuber.

In Bezug auf die Gesundheit sind Terpene besonders interessant, da sie eine Reihe von positiven Effekten auf den menschlichen Körper haben können. Einige Terpene, wie beispielsweise Limonen oder Linalool, haben entzündungshemmende und schmerzlindernde Eigenschaften, während andere, wie beispielsweise Pinene, eine beruhigende Wirkung haben können. Terpene können auch die Stimmung beeinflussen und als natürliche Antidepressiva wirken.

Im Zusammenhang mit dem Waldbaden sind Terpene von besonderer Bedeutung, da Bäume, insbesondere Nadelbäume, eine reiche Quelle dieser Verbindungen darstellen. Beim Waldbaden werden die Terpene durch die Luft eingeatmet und können so ihre gesundheitsfördernde Wirkung entfalten, indem sie das Immunsystem stärken, Stress reduzieren und das allgemeine Wohlbefinden steigern.

Ulli Felber

Ulli Felber ist eine renommierte Expertin für Waldbaden und Gesundheitsförderung. Aufgewachsen am Waldrand, erkannte sie früh die heilende Kraft der Natur. Nach Jahren in der stressigen Arbeitswelt der Werbebranche und dem spürbaren Bedürfnis nach Entspannung, entschied sie sich, ihr Leben grundlegend zu verändern. Ulli absolvierte eine Ausbildung zur Burn-Out Prophylaxe Trainerin und entdeckte dabei ihre Leidenschaft für das Waldbaden. Seitdem widmet sie sich intensiv der Erforschung und Vermittlung dieser uralten Praxis. Mit einem naturwissenschaftlichen Hintergrund und einer Leidenschaft für Forschung bringt sie wertvolle Erkenntnisse in die Welt des Waldbadens ein. Ihre Arbeit basiert auf fundierten wissenschaftlichen Erkenntnissen und einem tiefen Verständnis für die Bedürfnisse von Körper und Geist. Ulli Felber hat es sich zur Mission gemacht, die heilende Kraft des Waldes einem breiten Publikum zugänglich zu machen und Menschen dabei zu unterstützen, ihre innere Balance und Gesundheit wiederzufinden.

Sie ist Autorin mehrere Bücher zum Thema Waldbaden und bietet eine Ausbildung zur/zum Waldbadentrainer:in an. Alle Infos findest du auf ihrer Website: https://www.waldwelt.at/